Los Silos

Von Garachico geht es einfach weiter auf der C-820 und nach einigen Kilometern erreichen Sie den Ort Los Silos. Auf dem Weg ducken sich vereinzelte Häuser in die zerklüfteten Schluchten der Montaña de Talavera. Bananenplantagen links und rechts derStraße. Die Gemeinde Los Silos lebte vor vielen Jahren größtenteils vom Zuckerrohranbau. Aber auch der Wein war ein wichtiges Anbauprodukt, das besonders im 17. Jahrhundert zu einem erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung beitrug. Im 18. Jahrhundert züchtete man hier, im alten „Königreich Daute“ (geht auf die Zeit der Guanchen zurück), Seidenraupen. Die Tierchen wurden mit „moreras“ (Beeren des Brombeerbaums) gefüttert – Früchten einer Baumsorte, von der in der hochgelegenen Zone von Los Silos, am Weg nach Erjos, noch einige Exemplare erhalten sind.

Freudige Überraschung bei der Ortseinfahrt nach Los Silos: Irgendjemand hat der menschlichen Betonierfreudigkeit Einhalt geboten und so blieb das Kopfsteinpflaster erhalten. Jetzt ist ein erstes Päuschen wohlverdient: auf der Plaza de la Luz (Platz des Lichts), vor der Wache der Policía Municipal.

Zwei Beamte schauen so gelangweilt, wie huldvoll lächelnd, auf den, der sich mit Diktiergerät und Fotoapparat aufmacht, die Welt zu ergründen. In welche Hand nimmt man den Reiseführer, wenn beide bereits besetzt sind? In harmonischer Ruhe – zumindest macht es den Eindruck – sitzen Sie in der kleinen Bar im Pavillon mitten auf dem Platz. Sie ignorieren die Welt total.

Erst als ein Mann erscheint, der mit einem offensichtlich selbstgebastelten Sprachrohr lauthals verkündet, in seinem Restaurant gebe es ab 16 Uhr frische Churros mit Kakao und Musikuntermalung, kommt Leben in die Bude: Er bekommt Beifall und der Betrachter kann schwer entscheiden, ob das das angekündigte Spritzgebäck oder die niedliche Form des gastronomischen Alarms betrifft.

Wie wär´s denn jetzt mit ein bißchen humanistischer Bildung? Die Kirche aus dem 16. Jahrhundert, die der „Nuestra Señora de la Luz“ gewidmet ist, wurde in diesem Jahrhundert restauriert. Sie beherbergt eine Skulptur des Barmherzigen Christus, die man dem aus Córdoba stammenden Juan de Mesa, Schüler von Montañez, zuschreibt. Ein sehr schönes Prozessionskreuz (1580), die Krone der Marienstatue aus vergoldetem mexikanischem Silber (17. Jahrhundert) und andere Kleinode beweisen wieder einmal, daß die Kirche der Armen für schlechte Zeiten vorgesorgt hat.

Auf dem Weg zurück treffen wir die beiden Polizisten wieder. Sie müssen schwerwiegende Entscheidungen treffen und sind gerade im schwierigen Prozeß der Entscheidungsfindung: Soll man jetzt, um 13.40 Uhr, schon zum Essen gehen oder noch nicht? Nach hartem dialektischen Ringen lautet die einstimmige Entscheidung: Si!

Da der Ort keine weiteren Sahnestücke zu bieten hat, folgen wir dem Wegweiser nach El Puertito (der kleine Hafen). Überall neu gebaute Häuser und Bungalow-Anlagen. Sieht sehr gepflegt aus – woran mag es nur liegen, daß man den Eindruck einer Geisterstadt trotzdem nicht los wird? Hier wurde viel gebaut und es scheint, als sollte ein Urlaubszentrum entstehen, das später vergessen wurde. In EI Puertito wohnen seit einiger Zeit etliche Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien, die vor dem Bomben- und Heckenschützen-Terror auf die Kanareninsel flüchteten und darauf warten, daß der idiotische Nationalistenstreit in ihrem Heimatland ein Ende findet.

Fahren Sie bitte vorsichtig! An den Straßenkreuzungen schießen öfter mal Skateboard-bewaffnete Jugendliche vorbei, deren Gleichgewicht auch durch die Einkaufstüten nicht gestört zu werden scheint.

Um den Ausflug abzurunden, fahren Sie jetzt die paar Kilometer weiter nach Buenavista an die Nordwestspitze. Auf dem Weg wird deutlich, welch immensen Unterschied ein paar Eimer weiße Wandfarbe ausmachen können: Die neuen Häuser links und rechts präsentieren sich in der grauen Tarnfarbe, die von unverputzten Hohlblocksteinen komponiert wird. Der Ortskern von Buenavista ist angeblich „von künstlerisch historischem Wert“.

Von hier aus führt eine hübsche Straße nach Masca. Dieses Bergdorf wurde zum ethnographisch und architektonisch bemerkenswerten Dorf erklärt, welches im einsamem Tenogebirge, das 1987 zum Naturpark deklariert wurde, liegt. Ein ausgedehnten Spaziergang ist hier eine wahre Wohltat. Und danach ein frisches Schwimmtier auf dem Teller, braun gebraten im Restaurant Los Claveles von Buenavista (Calle Los Molinos 22; dienstags Ruhetag).