Güimar

An unser heutiges Ausflugsziel gelangen Sie von Puerto de la Cruz aus auch, wenn Sie die Autobahn über La Laguna fahren. Aber wer will schon Autobahn fahren? Deswegen begleiten Sie uns lieber auf der anstrengenden, aber landschaftlich herrlichen Strecke über das Rückgrat der Insel nach Güímar.

Außerdem, wie viele Orte gibt es schon auf dieser Welt, die dazu geeignet sind, am Vormittag einen Schneemann zu bauen und sich gleich anschließend einen tüchtigen Sonnenbrand beim Baden im Meer zu holen? Das alles und viel mehr bieten wir Ihnen heute: Steigen Sie ein!

Durch das Orotava-Tal und über die Serpentinen in Richtung Wolkendecke, Eis und Schnee geht die Fahrt. Drei Jahre lang haben wir keinen Schnee aus der Nähe gesehen und die Erwartung steigt, wie sich denn wohl der Winter auf der Sonneninsel anfaßt.

Da die Wolken den Teide nun schon seit eingen Tagen verhüllen und es, endlich und glücklicherweise für die Bauern, einige Male geregnet hat nach der monatelangen Trockenperiode, müßte dort oben eigentlich was vom Winter zu sehen sein – lassen wir uns überraschen. Im Schritt-Tempo durch die „dicke Suppe“, Sichtweite höchstens 20 Meter, der Regen wäscht das Auto sauber auf dem Weg in die Cañadas. Sollten Sie das Schild im Nebel rechtzeitig erkennen, biegen Sie kurz vor dem Touristen-Informationszentrum links ab in Richtung „Observatorio Astronómico del Teide“ und La Laguna.

Und schon bläst der Wind eisig gegen die Frontscheibe. Man soll es nicht für möglich halten: Die Luftfeuchtigkeit der tiefhängenden Wolken gefriert überall und sofort – an den Bäumchen (Bäume gibt es hier keine mehr), Sträuchern, den Steinen, Felswänden und Verkehrsschildern. Obwohl man ja lange darüber diskutieren könnte, ob Wolken wirklich „hängen“, denn eigentlich … Sie sollten jetzt die Kamera zücken und die Jacke zuknöpfen, nachdem sie das Auto so geparkt haben, daß die Kotflügel keinem Nebelfahrer zum plötzlichen Adrenalinstoß verhelfen. Auf Reinhold Messners Spuren kann man hier herrliche Bilder von den Eiskristallen machen, vor denen man in Deutschland in die Sonne geflohen ist – welch‘ widersprüchliches Leben wartet auf den modernen Menschen.

Es ist kalt hier oben, sehr kalt! Die pfeifenden Windböen scheinen aus allen Himmelsrichtungen gleichzeitig zu kommen. Das und die hohe Luftfeuchtigkeit zusammen lassen uns schnell wieder ins Auto zurückkehren. Da hält just neben uns ein Mietwagen. Inhalt: Urlauberfamilie aus deutschen Landen. Die Tür öffnet sich, der Familienvorstand steigt aus: Kurze Hose, T-Shirt, die Sandalenschlackern locker an den Füßen – „wo ich im Urlaub bin ist es warm“, steht auf seiner Stirn geschrieben! In diesem Aufzug werden mit dem Makro-Objektiv Fotos vom Eis gemacht – der Teide grinst von oben herab – touristische Einzelkämpferausbildung auf Teneriffa mit Halbpension.

Vorsichtig folgen wir der glatten Straße weiter in Richtung unseres heutigen Tagesziels Güímar. Durch den Wald bis zur Abzweigung nach Arafo und Güímar. Von da an geht es bergab. Auf der gesamten Strecke nach Arafo liegen Steine bis Fußball-Größe auf der Straße. Kurz vor dem Ort auf der rechten Straßenseite ein Restaurant mit einem Kinderspielplatz, der von einem Zaun vorne und einer Mauer hinten begrenzt wird. In die Mauer sind die Kanarischen Inseln in Form eines Steinmosaiks eingearbeitet. Schauen Sie zweimal hin: Lanzarote ganz links und El Hierro ganz rechts – das Ganze ist spiegelverkehrt. Macht ja nichts, Hauptsache es fehlt kein Eiland und man kann sich ja hinter die Mauer stellen, dann stimmt’s wieder.

Über Arafo müssen wir nicht lange reden. Wo nichts ist, muß man nichts erfinden. Der Ort lebt größtenteils vom Wein- und Avocadoanbau. Anders ist es mit Güímar. Der Ort macht einen überaus sauberen und gepflegten Eindruck. Aus unserer Richtung kommend, sollten Sie die vierte Straße rechts abbiegen und die erste gleich danach wieder links. Immer geradeaus und am Ende der Straße haben Sie einen tollen Blick auf die „Pyramiden der Guanchen“, deren Ursprung weiterhin ein Mysterium ist.

Vor wenigen Jahren erschien in der Presse die Nachricht, daß hier Pyramiden der kanarischen Ureinwohner gefunden worden seien. Nicht wenige hielten die Nachricht für glaubwürdig und sogar von einem angeblich in einer versteckten Grabkammer befindlichen Sarkophag war die Rede. Andere machten sich über die Sache lustig und behaupteten, es handele sich um schlichte Steinhaufen, die die Bauern mit den auf ihren Feldern herumliegenden Brocken aufgeschichtet hätten. Bis heute scheint die Neugier der einen und der anderen nicht besonders groß zu sein, die Sache geriet mehr oder weniger in Vergessenheit. Aber Sie können ja mal buddeln: Was meinen Sie, was das für einen Aufstand gibt, wenn Sie wirklich einen ollen Canario ausgraben?

Sauber und gepflegt – Güímar hinterläßt einen freundlichen Eindruck beim Betrachter. Irgendwie, und fragen Sie uns bitte nicht warum, scheint hier alles kleiner zu sein als sonstwo. Wir haben lange darüber nachgedacht, wieso dieser Eindruck entsteht. Aber wir müssen die Erklärung schuldig bleiben. Vielleicht sagen Sie uns, nachdem Sie selbst hingefahren sind, ob es Ihnen genauso ging.

Das Malpaís von Güímar ist einen Besuch wert. Das Gebiet umfaßt „El Volcán“, einen Krater mit einem Durchmesser von 300 Metern. Versteinerte Lavaflüsse ziehen sich zum Meer hin. Auch eine Höhle, entstanden durch die Explosion einer Gasblase findet sich hier. Die „Cueva Honda“ ist 100 Meter lang und maximal fünf Meter hoch.

Unser Restaurant-Tip: Bar Casa Pepe. Dieses Restaurant finden Sie fast an der Ortsausfahrt in Richtung Autopista oder Puertito de Güímar an der rechten Straßenseite unter Bäumen. Es sieht aus wie eine Blockhütte. Bestellen Sie am besten die spanischen Rippchen, die nach Gewicht berechnet werden. Nur vom Service sollte man nicht zuviel erwarten: Ein 16jähriger Junge nimmt die Bestellung auf und bringt eine Flasche Rotwein zum Essen. Da er den Korken nicht ganz herausbringt, wird der Rest des Verschlusses schlicht in die Flasche geschoben.

Nach einem kurzen Abstecher zum Puertito de Güímar geht es wieder heimwärts. Im Sommer machen die Tinerfeños hier Urlaub und der kleine Sporthafen, in dem heute kaum mehr als 20 Boote vor sich hin dümpeln, belebt sich. Die überdimensional vielen Parkplätze zeugen davon, daß hier Winterschlaf herrscht und erst die Sommermonate die Leute bringen. Wenn Sie jetzt noch Lust haben, durch die Cañadas zurück zu fahren, sind Sie entschieden härter im Nehmen als wir. Wir bevorzugen die Autopista in Richtung Santa Cruz. Na dann, bis bald!